Die Historie des Schornhof
Eine Familie hält zusammen – und weiß, wo ihre Wurzeln sind
Damals, als das Holz noch mit Klaftern bemessen wurde, als man bei den „Kosten der verstorbenen Mutter“ den Leichenträger mit vier Mark zu verbuchen hatte, und als der viele Regen im Herbst noch einen Tagebucheintrag wert war, weil so viel „Ömd zu Grund ging“ (das zweite Mähen des Heus) – damals war es, dass Mathäus Schorn 1861 den Hof in der Katholisch Grub von Wolfach kaufte. 16 Jahre war er da schon mit Agnes Mayer verheiratet. 10.000 Gulden wechselten für das geschlossene Hofgut samt Leibgedinghaus den Besitzer. Und hätte Mathäus Schorn, der damals Bügermeister in Halbmeil war, gewusst, dass aus seinem Stall einmal eine Event-Location werden würde, dass statt der Kühe hier einmal fröhliche Menschen ihren Platz zum Feiern und Tanzen haben würden – er hätte wahrscheinlich seinen Schwarzwälder Dickkopf geschüttelt, sich nach innen gefreut – und er wäre mächtig stolz gewesen auf seinen Urur-Enkel Jürgen Schorn…
Die Familie – ohne sie ist der Schornhof nicht zu denken. Wer weiß, wie mühselig das Leben der Schwarzwaldbauern vor rund 160 Jahren war, kann sich vorstellen, was es für die Bauersfamilie Schorn bedeutet haben musste, weit über den Dächern von Halbmeil, inmitten der Schwarzwälder Tannen und Hochebenen, ihr Dasein zu fristen.
Und ist das Leben auch manchmal voller Tragik:
Es geht weiter auf dem Schornhof
Mathäus Schorns Sohn Heinrich führt Tagebuch, verzeichnet akribisch, was er mit dem Holzverkauf an den Engelwirth erzielt: 252 Mark für 13 ½ Klafter. Eine stolze Summe, die gut eingeteilt werden will. Hafer, Salz, Wolle müssen davon bezahlt werden und dem Blechner „Spritzkann und Ofenrohr“. Große Sprünge werden hier keine gemacht – aber weit im Herzen ist man hier schon. Die Familie hält zusammen. Man sorgt für alle; Jung und Alt gehen hier gemeinsam durchs Leben – und überstehen so manche Unbill und tragischen Ereignisse. Zum Beispiel den Brand des zum Hof gehörenden Taglöhnerhauses. „Das Vieh konnte gerettet werden, während das Mobiliar verbrannte. Die Entstehungsursache ist nicht bekannt. Die Löschmannschaft von Halbmeil war zur Stelle, mußte sich aber darauf beschränken, das Hauptgebäude zu schützen“, berichtete der „Kinzigtäler“ am 18. August 1901.
26 Jahre später sollte die Familie ein weiteres Mal von einer Brandkatastrophe heimgesucht werden. Dieses Mal kennt das Schicksal keine Gnade – der gesamte Hof brennt bis auf die Grundmauern nieder. Aber die Schorns wären keine langmütige und fleißige Schwarzwälder Bauernfamilie! Es wird wieder aufgebaut! Richtig modern soll es werden. Raimund Schorn, Mathäus Schorns Enkel, ist ein Visionär. Er plant – trotz schwierigen Zeiten – hohe Räume, Großzügigkeit und Weitläufigkeit – als hätte er gewusst, was viele Jahrzehnte später seinem Enkel Jürgen und dessen Frau Petraso gut in die Hände spielen würde...
Kinzigtäler Weitsicht hin oder her – für den Schornhof gilt immer schon eine konfuzianische Weisheit: „Der Weg ist das Ziel!“ In der Tat: Der Hof liegt weit oben, lange ringt die Familie um einen befestigten Fahrweg, von dem auch der Grubhof und der Severinhof in der Nachbarschaft profitieren. Das Thema Wegebau ist vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis heute ein prägendes Thema für die Familie. Immer wieder unterspülen Unwetter die unbefestigte Straße und erschweren das Leben. Seit 1984 erreicht man den Hof bequem auf asphaltiertem Weg – die Steigung vermag einem allerdings nichts und niemand abzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt haben Jürgen Schorn, der heutige Schornhof-Bauer, und seine Frau Petra das Anwesen bereits von Jürgens Vater Heinrich übernommen. Die Schorns sind Milchbauern – 1942 experimentierte man gar mit einer Seilbahn, um die Milch schneller ins Tal zu befördern. Doch neben den geografischen wollen auch die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Milchwirtschaft nie so richtig ins Lot kommen. 1998 beschließen Jürgen und Petra Schorn: Sie sollen es besser haben und die Kühe ebenfalls. Die Vollerwerbslandwirte stellen um auf Mutterkuh-Haltung.
Die Milch gehört fortan den Kälbern – und die grünen Wiesen rings um den Hof den Kühen, die zufrieden weiden. Sie leisten dabei wertvolle Arbeit: Wer den ganzen Tag Gräser und Kräuter frisst, sorgt auch für die Offenhaltung der Kulturlandschaft, die einst von Hand mühsam geschaffen wurde.
Die Bio-Zertifizierung (DE-ÖKO-006) lässt nicht lange auf sich warten. Und die Umsetzung vieler neuer Ideen genau so wenig. Jürgen und Petra Schorn bauen den Stall zur Event-Location aus – und die Kühe ziehen im Winter eben in eine kleinere Behausung um. Aus den Vollerwerbslandwirten werden Unternehmer-Gastronomen-Caterer-Gastgeber-Ideenfinder. Der Wald wird immer noch bewirtschaftet, weil Holz hier essenzieller Rohstoff zum Leben ist.
Aber auch die Mutterkühe verlassen nach und nach den Schornhof. Heute grasen nur noch Ferien-Rindviecher auf den Wiesen rund ums Haus – damit Wald und Büsche nicht überhand nehmen. Mit Milky haben die Schorns eine einzige Kuh behalten.
Sie ist Vorbild für die Gast-Kühe, den Milky lebt vor, was auch die Menschen hier seit Jahrzehnten praktizieren: Nur nicht nervös werden. Einfach Dein Ding machen!
Das Leibegedinghaus wird heute bewohnt von Else Schorn, Jürgen Schorns Mutter. Sie ist 1936 geboren und für Petra Schorn ist ihre Schwiegermutter so etwas wie „die warme Hand im Rücken“ – will heißen: Jemand, der immer hilft, der stets da ist und mit Rat und Tat zur Seite steht, ohne viele Worte zu verlieren. Wie früher wird auch heute jede Hand der Familie gebraucht. Die Kinder Sebastian, Julia und Benjamin packen mit an, wo es nur geht. Aus den Bauern sind Gastgeber geworden. Und aus dem Schornhof einer der schönsten Plätze zum Feiern und Ferien machen!